In diesem Blogpost und YouTube-Video geht es um das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Bezug auf Onlineshops und Websites. Das Gesetz tritt am 28.06.2025 in Kraft. Erhalten Sie einen Überblick, welche Unternehmen konkret betroffen sind, welche Ausnahmen es gibt und was für Handlungsoptionen Sie haben, wenn Sie von der Umsetzung des Gesetzes (noch) nicht betroffen sind.
Inhaltsverzeichnis
Zielsetzung
Vorteile für den Shop- oder Website-Besitzer
Geltungsbereich
Elektronischer Geschäftsverkehr
Wer unterliegt den BFSG-Anforderungen
Ausnahmen für bestimmte Inhalte
Keine Ausnahmen, sofern selbst unter Kontrolle
Unverhältnismäßige Belastung
Konsequenzen bei Verstößen
Stichtag
Handlungsempfehlungen
Zusammenfassung
Zitate und Quellen
Disclaimer
Sowohl dieser Blogpost als auch das Video dienen ausschließlich Informationszwecken. Ich bin kein Rechtsanwalt und die hier präsentierten Inhalte stellen keine rechtliche Beratung dar. Obwohl ich mich bemüht habe, genaue und aktuelle Informationen bereitzustellen, können rechtliche Fragestellungen komplex sein und erfordern eine fachkundige Beratung. Für spezifische rechtliche Fragen oder im Falle von Unsicherheiten empfehle ich dringend, sich an einen qualifizierten Anwalt zu wenden.
Zielsetzung
Das Ziel des BFSG ist sicherzustellen, dass Produkte und Dienstleistungen auch für Menschen mit Behinderung leicht nutzbar sind, um mehr Gleichberechtigung zu schaffen.
Vorteile für den Shop- oder Website-Besitzer
Auch Online-Shop- oder Website-Besitzer profitieren von einer barrierefreien oder zumindest barrierearmen Website – ganz unabhängig von der Gesetzeslage. Hier sind ein paar wesentliche Vorteile:
- Erweiterte Zielgruppe: Durch Barrierefreiheit werden Menschen mit Behinderung, ältere Nutzer und Personen mit temporären Einschränkungen besser erreicht.
- Verbesserte Benutzererfahrung: Barrierefreie Webseiten sind einfacher zu navigieren und zugänglicher.
- SEO-Optimierung: Maßnahmen wie strukturierter Content (Inhalte), Alternativtexte für Bilder und klare Navigationsstrukturen verbessern das SEO. Ihre Website kann dann bei den Suchmaschinen besser ranken.
- Reputationsgewinn: Als Unternehmen zeigen Sie soziale Verantwortung, wenn Sie Ihre Website (möglichst) barrierefrei ausgestalten, was sich positiv auf die Reputation des Unternehmens auswirken kann.
Abbildung: Vorteile barrierefreie Website für Online-Shop- oder Website-Besitzer
Geltungsbereich
Das Gesetz betrifft Hersteller, Händler, Importeure und Dienstleistungserbringer von Produkten und Dienstleistungen für Verbraucher. B2B-Geschäfte sind davon nicht betroffen.Abbildung: Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) - Betroffene Bereiche
Elektronischer Geschäftsverkehr
Elektronischer Handel bezieht sich auf den Verkauf oder Erwerb von Waren oder Dienstleistungen über das Internet. Entscheidend ist, dass der Vertrag – also der Kauf oder die Buchung – online abgeschlossen wird. Betroffen sind Dienstleistungen im Online-Geschäft, wie B2C-Websites, z.B. Online-Shops für Produkte oder Dienstleistungen sowie Seiten mit Terminbuchungsfunktionen. Es spielt keine Rolle, ob die Leistung online oder offline erbracht wird. Wichtig ist, dass der Vertragsabschluss online erfolgt. Wenn online nur eine Anfrage gestellt wird (wie bei einem Kontaktformular) und der Anbieter manuell zustimmen muss, fällt dies nicht unter den elektronischen Handel.Wer unterliegt den BFSG-Anforderungen?
Von dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind nicht alle Online Shops oder Websites gleichermaßen betroffen:- Betroffen: Das BFSG gilt für alle Online-Präsenzen, die Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher verkaufen oder Online-Buchungen anbieten, einschließlich Unternehmen mit verbindlichen Terminbuchungsfunktionen. Reine Kontaktformulare sind jedoch ausgenommen.
- Befreit: Kleinstunternehmer mit einer B2C-Online-Präsenz, die weniger als 10 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro haben, sind von den Anforderungen befreit..
- Nicht betroffene Websites: B2B-Online-Shops, Präsentations-Homepages und private Websites sind ebenfalls ausgenommen. Präsentations-Homepages zeigen Produkte oder Services, haben jedoch keine Shop- oder Terminbuchungsfunktion.
Abbildung: BFSG - Welche Online Shops und Websites sind von den Anforderungen betroffen?
KLEINSTUNTERNEHMEN sind vom BFSG befreit
Kleinstunternehmen nach § 2 Nr. 17 BFSG:
Beschäftigen weniger als 10 Personen und erzielen entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro oder die Jahresbilanzsumme beläuft sich auf höchstens 2 Millionen Euro.
Ausnahmen für bestimmte Inhalte
Sofern Ihr Unternehmen von den Anforderungen des BFSG betroffen ist, gibt es für bestimmte Inhalte auf Online Shops und Websites Ausnahmen. Dazu zählen:
- Aufgezeichnete zeitbasierte Medien, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden (z.B. Video- und Audioaufnahmen)
- Dateiformate von Büro-Anwendungen, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden (z.B. PDFs)
- Inhalte von Dritten, die von dem betreffenden Shop-Inhaber weder finanziert noch entwickelt werden noch dessen Kontrolle unterliegen.
- Inhalte von Webseiten und mobilen Anwendungen, die als Archive gelten, da ihre Inhalte nach dem 28. Juni 2025 weder aktualisiert noch überarbeitet werden
- Online-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen barrierefrei zugänglich in digitaler Form bereitgestellt werden
Im Klartext heißt dass, dass Video- und Audioaufnahmen als auch PDFs, die vor dem 28.06.25 erstellt worden sind, (rückwirkend) nicht barrierefrei ausgestaltet werden müssen – erst danach, wenn Ihr Unternehmen zu den Betroffenen zählt.
Zu den Inhalten von Dritten gehören zum Beispiel Payment-Provider wie PayPal, Stripe, Klarna oder andere Online-Bezahldienste, die in den Shop integriert sind, aber eigenständig betrieben werden. Zu den Drittinhalten können aber auch Versanddienstleister-Integrationen gehören, wie zum Beispiel Tracking-Informationen oder Versandlösungen, die direkt von Drittanbietern wie DHL, UPS oder FedEx bereitgestellt werden.
Keine Ausnahmen für Drittanwendungen und Drittwerbung
Sofern Ihr Unternehmen von den Anforderungen des BFSG betroffen ist, gibt es u.a. für folgende Drittanwendungen sowie für Drittwerbung KEINE Ausnahmen, denn hier liegt letztendlich die Kontrolle der Nutzung beim Shop- oder Website-Inhaber:- Drittanwendungen (Cookie-Consent-Tools, interaktive Funktionen)
- Drittwerbung (Banner, Popups etc.)
Unverhältnismäßige Belastung
Unter strengen Voraussetzung ist auch eine Befreiung für betroffene Unternehmen möglich:
§ 17 BFSG
Befreiung möglich wegen übermäßiger organisatorischer oder finanzieller Belastung für den Shop-oder Website-Betreiber.
Konsequenzen bei Verstößen
Bei Nicht-Einhaltung des BFSG drohen Abmahnungen, Bußgelder von bis zu 100.000 Euro und im schlimmsten Fall die Einstellung der Dienstleistung. Letzteres kann passieren, wenn ein Unternehmen nach mehrfacher Verwarnung die notwendigen Maßnahmen nicht umgesetzt hat.
Stichtag
Das Gesetz tritt am 28.06.2025 in Kraft. Bis dahin müssen alle notwendigen Maßnahmen umgesetzt sein, sofern das Unternehmen betroffen ist.
Handlungsempfehlungen
a) Betroffene Unternehmen
Unternehmen müssen prüfen, ob sie betroffen sind. Holen Sie sich insbesondere bei Zweifelsfällen anwaltlichen Rat. Sofern Ihr Unternehmen betroffen ist, sollen Sie eine Analyse Ihrer Website hinsichtlich Barrierefreiheit machen. Holen Sie sich hierzu gegebenenfalls Expertenrat ein. Dann gilt es, die Schwachstellen sukzessive zu beseitigen. Betroffene Unternehmen müssen bis zum Stichtag sämtliche notwendigen Maßnahmen abgeschlossen haben, um ihren Online Shop oder die Website barrierefrei zu machen.b) Befreite oder nicht betroffene Unternehmen
Falls Ihr Unternehmen von der Umsetzung der Maßnahmen befreit ist oder nicht zu den betroffenen Unternehmen zählt, haben Sie je nach individueller Sachlage unterschiedliche Möglichkeiten mit dem Thema Barrierefreiheit umzugehen. Nachfolgend finden Sie einige Lösungsansätze je nach Fallgestaltung:- Belassen: Bei hohem Aufwand und geringem Nutzen, geringer Relevanz der Website für das Unternehmen, absehbarer Betriebsnachfolge, große technische Herausforderungen, Budgetbeschränkungen, geplanter neue Website in absehbarer Zeit
- Low-Cost-Strategie: Kleinere, kostengünstige Maßnahmen können bereits Verbesserungen bringen. Ziel ist, die Website mit einfachen Maßnahmen möglichst barrierearm zu machen.
- Umrüstung bestehende Website: Nur sinnvoll, wenn die Webseite noch relativ jung ist.
- Neuerstellung barrierefreie Website: Empfehlenswert bei zu ersetzenden älteren Websites. Allerdings muss der dahinter stehende Aufwand berücksichtigt werden. Technische Test alleine sind nicht ausreichend. Die Website muss auch von Menschen getestet werden, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind.
Abbildung: Handlungsempfehlungen für NICHT verpflichtete Unternehmen
Zusammenfassung
Betroffen sind Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr. Dazu gehören B2C-Online-Präsenzen für Verbraucher. Es gibt Ausnahmen für Kleinstunternehmen. Nicht betroffen sind B2B-Online-Shops, Präsentations-Homepages und private Websites. Der Stichtag, bis wann die notwendigen Maßnahmen abgeschlossen sein müssen, ist der 28.06.2025.
Zitate und Quellen
Vgl. IT-Recht Kanzlei. (n.d.). Barrierefreiheit in Online-Shops: FAQ zum BFSG. IT-Recht Kanzlei. Abgerufen am 9. August 2024, von https://www.it-recht-kanzlei.de/faq-barrierefreiheit-online-shops-bfsg.html
Vgl. Lexware. (n.d.). Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Lexware. Abgerufen am 8. August 2024, von https://www.lexware.de/wissen/unternehmensfuehrung/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/
Bundesfachstelle-Barrierefreiheit: https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Produkte-und-Dienstleistungen/Barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz_node.html
Gesetzestext: https://www.gesetze-im-internet.de/bfsg/BJNR297010021.html
Aktion Mensch: https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit
Wie geht es weiter?
Von meiner Seite wird es auf jeden Fall eine Reihe weiterer Videos und Blogposts zur Barrierefreiheit und User Experience bei Websites geben. Dabei wird es insbesondere um Fragestellungen, wie man eine Website möglichst barrierearm macht, gehen und wie man WordPress-Websites mit Elementor (möglichst) barrierefrei gestaltet. Bleiben Sie deshalb am Ball.
Bei rechtlichen Fragen bitte ich Sie, sich an einen Anwalt zu wenden.